Der König mit der Dornenkrone

oder Der Sieg der Sanftmut

Er sah unter sich die vielen Gesichter der Menge, die dem schrecklichen Schauspiel seiner Hinrichtung beiwohnte. Er blickte in Menschen, die von unterschiedlichsten Gefühlen beherrscht waren: Mitfühlende, Verachtende, Spötter, Enttäuschte, Hassende und Gleichgültige. Vor wenigen Stunden noch hatte die Masse lautstark seinen Tod gefordert, weil sie von den religiösen Führern aufgehetzt worden war. Er hatte noch die “Barrabas”-Schreie im Ohr und musste neuen Spott und Hohn ertragen. Er litt unsäglich. Er litt für diese Menschen? Ja, für sie!

Fühlte er Rachegedanken, als er den Spott des dummen Pöbels hörte? Plante er Vergeltung für das Unrecht, das man ihm antat? Was beherrschte ihn jetzt? Eines wusste er: Es war der Wille seines Vaters den er hier geschehen lassen wollte, denn er hatte eine glasklare Vorstellung von dem, was ihm widerfuhr und von dem Ziel, das erreicht werden sollte. So ging er diesen Weg aus tiefster Überzeugung. Er war bereit für die Sündenlast einer ganzen Welt die Strafe auf sich zu nehmen. Er hätte es ablehnen können, aber die Liebe zu seinem Vater und den Menschen war stark! Und das tiefe Mitgefühl für ihre ausweglose Lage trieben ihn an, sich dem Tod auszuliefern. Sein Verhalten war Sanftmut, die Stärke und die Macht des wahrhaft Glaubenden. Der König mit der Dornenkrone verhielt sich tatsächlich wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wurde (Jes. 53:7).

Tage zuvor hatte er über Jerusalem geweint und ihren Bewohnern den Untergang ihrer Stadt und ihrer Nation angekündigt, weil sie ihn, Gottes Sohn und Retter, abgelehnt hatten. Und gerade für solche Menschen hatte er den grausamen Tod auf sich genommen? Waren sie es denn überhaupt wert?

“Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!” Mit dieser Bitte legte er noch ein gutes Wort für sie ein. Er wusste, dass sie wankelmütig waren, irregeführt und eingeschüchtert, wenn auch nicht ohne Schuld und Verantwortung.

Er war sich über die menschliche Natur durchaus im Klaren, und wenn er den Tod anstelle der Sünder auf sich genommen hat, dann in der Überzeugung, dass es viele Menschen geben würde, die durch seine Sanftmut und Liebe überzeugt werden und zu ihm kommen würden, um in seinem Reich als Sanftmütige zu leben.

Während seines Wirkens in Israel hat er immer wieder jene Menschen im Blick gehabt, die sanftmütig seine Einladung annehmen würden:

“Kommt alle zu mir, die ihr geplagt und mit Lasten beschwert seid! Bei mir erholt ihr euch. Unterstellt euch mir und lernt von mir! Denn ich bin von Herzen zum Dienen bereit. Dann kommt Ruhe in euer Leben. Denn mein Joch trägt sich gut und meine Last ist leicht.” (Mat. 11:28-30)

“Glückselig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land besitzen.”

Diese Segensverheißung aus der Bergpredigt Jesu gilt allen seinen Jüngern. Denn der König hat ein Reich gegründet, das nur für Sanftmütige da sein wird. Das sind seine wahren Geschwister; mit ihnen kann er umgehen, denn sie lassen sich von ihm leiten und ins ewige Leben führen.

Aus dem 45. Psalm möchte ich eine Passage zitieren, die als prophetische Vorschau keinen Zweifel an den Absichten des Königs lässt:

“Deiner Herrlichkeit wird es gelingen. Zieh aus für die Sache der Wahrheit, für Sanftmut und Gerechtigkeit!

Furchterregende Taten vollbringe dein mächtiger Arm! Deine Pfeile sind scharf. Unterwirf dir die Völker, triff deine Feinde mitten ins Herz!

Gott, dein Thron, hat für immer Bestand! Dein Zepter ist Gerechtigkeit. Du liebst das Recht und hasst Gottlosigkeit.”

Was zeichnet Sanftmütige aus? 

Was macht sie für Jesus so anziehend? Es ist ihre charakterliche Grundhaltung, die keine Gewalt gegen andere zuläßt, die aktiv das Gute fördert und den ganzen Menschen in Zaum hält. Es ist ein moralischer Grundbestand des Menschen, das Menschliche schlechthin, das bei ihnen absolutes Gewicht besitzt. So bildet die Sanftmut den Gegensatz  zu Gewalttätigkeit, Rücksichtslosigkeit, Habgier, Zorn und Egoismus.

Es sind Menschen, die Jesus gern als Schafe seiner Herde beschrieben hat. Der sanftmütige König will auch sanftmütige Untertanen haben. Damit stellt er eine Charaktereigenschaft ins Zentrum, die in dieser Welt  nur eine Nebenrolle spielt. Denn unsere Geschichte ist ein einziges Blutbad, das durch Gewalt, Raubgier und Hass angerichtet worden ist. Die Helden dieser Welt waren und sind fast allesamt Haudraufs, Räuber und Mörder. Aber Jesus erklärt die Sanftmütigen zu den wahren Siegern: Ihnen allein wird die Zukunft gehören!

Der Glaube siegt durch Sanftmut!

Durch die Sanftmut des Königs wird das Böse in seinen Untertanen schließlich bezwungen, denn sie spricht das Herz an, erobert es und beherrscht es. Der König der Sanftmut überzeugt seine Untertanen nicht durch Gewalt, wie es manche Religionen getan haben und noch tun wollen. Er erobert Herzen und “besiegt” sie auf sanfte Art und Weise mit LIEBE und EINSICHT. Er will Untertanen, die aus der Finsternis und aus der Sinnlosigkeit des “normalen” Lebens aufgeschreckt sind und zu sich selbst und zu Gott gefunden haben. Er will über Menschen regieren, die durch ihre Sanftmut willig lenkbar sind, denn nur dann kann er “sie zu Wasserquellen des Lebens führen” (Off. 7:17).

Die Sanftmütigen passen nicht in diese Welt!

Sie sind  Fremde in dieser Weltzeit; sie haben sich innerlich zurückgezogen und wollen das falsche Denken und Handeln nicht pflegen, das so viele Menschen leitet. Allein schon das Befolgen einer einfachen Regel, die Jesus aufstellte, macht sie zu Außenseitern:

“Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch für sie!” (Mat. 7:12)

Gerade wer das ausleben will, darf sich nicht zu wichtig nehmen, er muss den Nächsten sogar höher achten, als sich selbst. Auch wenn die Allgemeinheit diesem Gesetz nicht folgt, bleibt es doch das Grundgesetz im Reich des Königs der Sanftmütigen.

Wir sprechen so oft von der “Ellenbogengesellschaft”, beklagen den rüden Egoismus und fühlen uns bedroht durch diese Mentalität. Und wie wohltuend ist es, auf einen Menschen zu stoßen, der anders ist, der uns freundlich und respektvoll behandelt und uns als Mitmensch wahrnimmt. Und wie selten fällt uns das auf! Sehnsüchtig verlangend wünschen wir: ”Ach, wenn doch alle so wären! Wie schön könnte das Leben sein.”

Kann man sich vorstellen, dass die Untertanen dieses Königs in den Krieg gegen andere Völker ziehen? Ist es denkbar, dass sie andere gewissenlos ausbeuten, sich an ihnen bereichern, ausrauben und betrügen? Ist es vorstellbar, dass sie Macht über andere ausüben wollen, um sie für eigene Zwecke zu missbrauchen? Würde man sie unter all den Treulosen, den Ehebrechern, den Habgierigen, den Lügnern und Dieben finden, von denen jeden Tag berichtet wird und die nicht auf den Gedanken kommen sich zu fragen: Was habe ich da getan?

Die Sanftmütigen sind kein Teil dieser vom Bösen beherrschten Welt. Sie haben Besseres erfahren und wissen um die Macht der Liebe. Sie verachten alles, was dieser Liebe Gewalt antut, denn sie kennen Gott, ihren Vater im Himmel. Sie lassen zu, dass das typisch Menschliche in ihnen wachsen kann und wirksam wird. Deswegen können sie in dieser Welt nicht wirklich zu Hause sein. Sie haben ihre Verantwortung vor Gott erkannt und gehen darum nicht mit der Masse.

Warum sind die Menschen so roh?

Könnte es ein, dass die meisten vergessen haben, dass sie Menschen sind, weil ihnen das wirkliche Leben fremd ist? Haben sie vergessen, dass sie Brüder und Schwestern sind, die füreinander verantwortlich sein müssen, damit das Fest des Lebens überhaupt gefeiert werden kann? Könnte es sein, dass sie ebenso unempfänglich für die Worte Jesu sind, wie seine Zeitgenossen, die seinem Sterben ungerührt zusahen?  Wenn das zutrifft, dann hat er auch über sie geweint!

Aber er hat auch viele Menschen zu sich gezogen, die ganz anders empfinden und denken: Sie sind seine Untertanen, seine sanftmütigen Schafe, seine Brüder und Schwestern. Sie sehnen sich nach seiner Friedensherrschaft und versuchen so zu leben, als seien sie schon in seinem Reich.

Sanftmut ist die Stärke der Klugen

Sanftmütige müssen mutig sein; sie sind aufgefordert, dem König mit der Dornenkrone ähnlich zu werden, denn er hat für seine Feinde gebetet, ist auch für sie gestorben, um ihnen zu helfen, selbst seine Untertanen zu werden. Seine Sanftmut hat viele dazu gebracht, ihr Herz für andere Menschen zu öffnen, mitzufühlen und entsprechend zu handeln. Nur dadurch haben sie sich als Brüder und Schwestern Jesu zu erkennen gegeben, indem sie ihren Egoismus durch die Klugheit des Glaubens besiegt und das Wohl des Mitmenschen im Blick haben. Es geht nicht um ein Lippenbekenntnis für Jesus, sondern um eine Lebensweise, die dem Verhalten des Königs entspricht. Der Geist Gottes hat ihre Augen des Herzens geöffnet und sie einsehen lassen, dass ein Mensch nur mit Gott, aber nicht gegen ihn leben kann!

Aus Wölfen müssen Lämmer werden – Die Siegesmacht des Glaubens

Die Propheten haben es schon gesagt: Im Reich des Friedens werden nur Menschen sein, die “ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Speere zu Rebmessern geschmiedet haben”. Von ihnen heißt es, dass “sie den Krieg nicht mehr lernen”. Hier im Reich des Königs mit der Dornenkrone werden raubgierige Wölfe zu sanften Lämmern. Das erleben Menschen, die sich auf den sanftmütigen König eingelassen, heute schon, wenn sie ihre alten Verhaltensweisen abgelegt haben und neue Menschen geworden sind. Sie erleben an sich selbst die Wirkung einer starken Macht, die imstande ist, das Böse zu besiegen: Das ist die Siegesmacht des Glaubens!

Diese Siegesmacht hat bisher alles überstanden, was ihr eine böse Welt an Widerstand entgegenzusetzen versuchte. Sanft und stark hat sie gesiegt. Viele Ordnungen und Reiche sind vergangen; Völker sind verschwunden und großartige Kulturen untergegangen, aber der Glaube an den Vater aller im Himmel hat in einzelnen Menschen überlebt. Zu Hause ist dieser Glaube in schwachen Menschen, denen Gott seine LIebe geschenkt und die er der Herrschaft seines Sohnes anvertraut hat. Ihnen gelten alle Glücklichpreisungen der Bergpredigt; an ihnen und durch sie erfüllen sie sich.

Die Glücklichpreisungen erfüllen sich für  Sanftmütige

Diese Glücklichpreisungen können sich nur an Sanftmütigen erfüllen, denn um “arm vor Gott” zu sein, friedfertig, barmherzig und reinen Herzens zu sein, muss man zuerst sanft sein. Man muss sanftmütig sein, um den Hunger nach Gerechtigkeit zu fühlen und die Trauer über die schlechte menschliche Wirklichkeit zu spüren. Man muss die Einpflanzung des Wortes Gottes, das zu retten vermag, mit Sanftmut annehmen (Jak. 1:21), denn nur Sanftmütige lassen sich von Gott etwas sagen und ändern ihr Leben. Darauf läuft am Ende alles hinaus, denn der König der Sanftmütigen will nur solche Untertanen haben:

“Denn dann entferne ich aus dir deine hochmütigen Prahler. Dann wird es auf meinem heiligen Berg keine Überheblichen mehr geben. Übrig lasse in dir ein demütiges und armes Volk, das seine Zuflucht sucht beim Namen Jehowahs; den Rest von Israel, Menschen, die kein Unrecht tun und nicht mehr lügen werden. Sie wollen nichts mehr wissen von Betrug, sondern wie eine Herde weiden und lagern, und niemand scheucht sie auf.” (Zeph. 3:11-13)

Was der Prophet hier beschrieben hat, war auch auf die Rückkehr der Juden aus der Gefangenschaft gemünzt, aber es wäre zu einfach, es nur darauf zu beziehen. Denn der Kontext spricht von Völkern, aus denen Gottes Anbeter gesammelt werden und er öffnet den Blick auf etwas Großes, das dann eintreten wird, wenn Gottes Zorn an den Völkern der Welt  das Urteil vollstreckt hat (Zeph. 3:8-10).

Für den König mit der Dornenkrone muss es ein Fest sein, seine sanftmütigen Untertanen dahin zu lenken, dass eines Tages der allmächtige Schöpfer für sie das Ein und Alles wird. Erst dann ist die Geschichte am Ziel.

Klicke hier um den Beitrag zu bewerten
[Total: 36 Durchschnitt: 5]
18 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments

Für wahr, Jesus gab und gibt Gaben in Form von Menschen. Deine Worte machen mich sanft und weich. Gerne unterstelle ich mich der Herrschaft Jesu Christi und der unseres himmlischen Vaters.
Nochmals, vielen herzlichen Dank.

Danke dir, lieber Tilo, für diesen Artikel, der gleichzeitig eine Erinnerung ist, Sanftmut an den Tag zu legen.

Dem Christen Titus wurde gesagt: “Erinnere sie [Mitgläubige], dass sie sich den Regierenden und Obrigkeiten unterordnen und gehorsam sind, zu jedem guten Werk bereit; dass sie niemand verlästern, nicht streitsüchtig sind, sondern gütig, indem sie allen Menschen gegenüber alle Sanftmut erweisen” (Titus 3:1, 2, Schlachter).

Sanftmut erweckt langfristig oft Respekt.

Last edited 3 Jahre zuvor by www.Christusbekenner.de

Vor wenigen Tagen erschienen:

Vice Crusaders Ex Jehovah’s Witnesses Speak Out

Für Untertitel auf Deutsch:

Auf cc klicken, dann aufs Zahnrädchen -> Subtitles -> Englisch -> Auto-translate -> runterscrollen und “Deutsch” auswählen.

Gute Unterhaltung!

Lieber Tilo was für ein Artikel!!! Ich habe geweint als ich den Artikel las. Ja! Christ sein ist eine LEBENSEINSTELLUNG!!! Das kann Mann sich nicht verdienen mit Leistung durch sogenannte Dienstberichte, immer ANWESEND SEIN in allen Versammlungen! Vorbildlich zu sein , immer mehr und mehr !!! Dieser Anspruch ist das was die ORG , definiert als Endziel das Ewige Leben im Paradies. Aber wir können nicht durch LEISTUNG, ZUSAMMENKÜNFTE,PREDIGTDIENST das Ewige Leben erarbeiten! NEIN NIEMALS!!! Sondern nur durch die BARMHERZIGKEIT GOTTES UND UNSERES HERRN JESUS CHRISTUS bekommen wir das EWIGE LEBEN!!! Dieser Leistungsanspruch der ORG macht einfach nur KRANK und… Weiterlesen »

Ein sehr schöner Artikel, danke dafür lieber Tilo.
Im Sinne einer grundsätzlichen Lebensbejahung gehe ich davon aus, daß das Wesentliche bereits da ist. Gott schloß seine Schöpfung vor Langem mit den Worten “alles ist sehr gut” ab. Es geht weniger darum, etwas zu erreichen als etwas zu entdecken. Diese Lebenshaltung tut mir gut. Ich habe bereits empfangen und muß nirgends mehr hingelangen, nichts erreichen, weil sich mir dort, wo ich gerade bin, in jedem Moment die ganze Fülle Christi zeigt. Meine Sehnsucht ist gestillt wenn meine Gedanken bei ihm weilen. In Dankbarkeit. In Stille. In Liebe.

Ja liebe/r Wahrheit, du sprichst mir aus der Seele. Ich als Mutter stehe auch mittendrin und manchmal tut mir auch mein Herz so weh, weil noch ein Sohn und mein Mann dabei sind. Es ist wahrlich nicht einfach.Keiner hat das Recht über andere zu urteilen. Ich vertraue auf unseren Herrn Jesus. Er ist gerecht. Liebe Grüße Kämpferin

Hallo Tilo… ein wieder x … spannend zu lesender Aufsatz von Dir. Schade, dass die Reaktionen darauf … eher sparsam … ausfallen Egal Nun, nun gehe Ick mit Dir nicht ganz konform … mit gewissen … ˋ Analysen ´ wie z Bsp, … Zitat … Die Sanftmütigen passen NICHT in diese Welt Na doch !! … genau DAS !! … dafür werden … in den Herzen schauend … Menschen doch … (re ) aktiviert … von den beiden Höchsten oder? Ick sag JAA … juuti … überzeugt bin Ick von deinen … Mitdenkens werten Absätzen: Was zeichnet Sanftmütige aus? Sanftmut… Weiterlesen »

Dies schließt sich in 0Sekunden

Scroll to Top