Kommentar zum Wt-Studienartikel März 2019: “Zeige (wie Jesus) Mitgefühl im Predigtdienst”
„Ja, Jesus Christus hatte Mitgefühl mit seinen Mitmenschen, wer wollte dem widersprechen? Doch wir möchten schon an dieser Stelle festhalten: Jesus zeigte sein Mitgefühl nicht nur in Verbindung mit seiner „Predigtdienst“-Tätigkeit, aus Berechnung heraus, um erfolgreicher zu sein. Er zeigte Mitgefühl, ohne etwas von den Menschen zu erwarten, etwa dass sie auf seine Botschaft günstig reagierten.
Der überwiegende Teil derer, die Jesus aus Mitgefühl heilte, ging danach seines Weges und schloss sich ihm nicht an. Es bleibt fraglich, ob diese Menschen aufgrund dessen seine Botschaft annahmen oder nicht. Sein Mitgefühl war nur dem Leid der Menschen geschuldet und nicht seinem Auftrag. Diesen Umstand müssen wir im Sinn behalten, wenn wir uns mit diesem Artikel befassen. Das Thema ist hier nicht wertfreies „Mitgefühl“, sondern es geht um die Frage, wie kann ich als Zeuge Jehovas meinen Erfolg und mein Wohlbefinden in dieser Tätigkeit steigern.
Signifikant ist der Text des Liedes, der diesen Artikel einleitet, das Lied 70, mit dem bezeichnenden Titel: „Findet heraus, wer es verdient“. Die Aussage dieses Liedes;
Wer uns freundlich zuhört, nimmt Jesus auf. Wenn wir taktvoll reden, mit Milde (und Mitgefühl) gewürzt, sind die Menschen bereit uns zuzuhören.
Welche Anmaßung, welche Heuchelei! Wer uns zuhört nimmt Jesus auf? Aha, und je mehr Mitgefühl wir zeigen (?), umso größer die Chance, dass sie uns folgen. „Finde heraus, wer es verdient“.
Sollte jemand nicht bereit sein uns zu folgen, sprich Fortschritte im Sinne der Organisation machen, dann ist es mit unserem Mitgefühl vorbei, so meine Erfahrung mit Jehovas Zeugen. Jehovas Zeugen wollen unter allen Umständen vermeiden sogenannte Reischristen in ihren Reihen zu holen. Jede Minute, die man für die Probleme der Menschen opfert, wird als vertane Zeit gewertet. Unsere Zeit ist zu kurz und wertvoll, um uns mit solchen Menschen länger zu befassen, so die allgemeine Anweisung. Dieser Artikel ist ein Beispiel dafür, wie gute und erstrebenswerte Eigenschaften, wie Mitgefühl, von der Organisation für eigenzweckdienliche Ziele missbraucht und pervertiert werden.
Ja, Jesus liebte alle Menschen, er wusste, was in ihnen vorging. Sie spürten seine Liebe und reagierten positiv, indem sie ihn als dem Messias erkannten und ihn annahmen. Doch die Behauptung der WTG: „Je besser es uns gelingt, ähnliche Gefühle für die Menschen zu empfinden wie Jesus, desto besser können wir ihnen im Dienst helfen,“ ist typische WTG-Sprache und hat nichts mit den Zielen zu tun, die Jesus verfolgte.
Was bedeutet es, Mitgefühl zu haben?
Das Cambridge Dictionary definiert „Mitgefühl“ als
“Verständnis oder Sympathie, die man für eine andere Person empfindet, weil man gemeinsame Erfahrungen hat.“
Bevor also ein Zeuge Jehovas wirklich Mitgefühl im Predigtdienst zeigen kann, muss er sich mit den Menschen denen er predigt, identifizieren können, etwas, was einem Zeugen Jehovas aufgrund seiner Selbsteinschätzung kaum möglich ist. Der Artikel betont zu Recht: „Jesus konnte zärtliche Gefühle für seine Mitmenschen entwickeln, weil er mit ihnen lebte und mit ihren Lebensumständen und Problemen vertraut war.“
Machen sich Jehovas Zeugen jedoch gründlich mit der Art und Weise vertraut, wie andere Menschen denken? Leben sie mit ihren Mitmenschen oder meiden sie diese und schweben über ihnen als elitäre Gruppe?
Dazu müssten sie Zeit mit Nichtzeugen verbringen, etwas, was die Organisationsführung mit allen Mitteln zu verhindern sucht. Um die Probleme eines Menschen zu verstehen, genügt es nicht, nur dann Zeit mit ihm zu verbringen, wenn es sich nicht verhindern lässt, wie etwa auf der Arbeit, in der Schule oder wenn wir sie missionieren wollen. Man müsste in seine Welt eintauchen, so wie Jesus es tat. Man müsste auch bereit sein sich mit ihrer Literatur, ihren religiösen Schriften zu befassen, etwas, was die WTG strikt untersagt. Die Menschen sollen zwar unsere Literatur lesen, unsere Informationen erhalten, aber Jehovas Zeugen sollen ihre Literatur strikt ablehnen.
Es würde auch erfordern, dass Jehovas Zeugen Werte, Bestrebungen und Gefühle dieser Menschen zu einer Reihe von Themen verstehen, die ihnen wichtig sind, z. B. von Politik über Kultur bis hin zur Bildung.
Wie viele Zeugen könnten ehrlich sagen, dass sie sich umfassend mit einem dieser Themen befasst haben? Hier mag der Einwand kommen, Jehovas Zeugen kommen doch aus dieser Welt und kennen sie daher zur Genüge. Das stimmt aber nur bedingt. Erstens werden Jehovas Zeugen gezielt von ihren Mitmenschen getrennt und zweitens kommen die meisten Zeugen nicht aus „der Welt“, sie wurden von Kindheit an in ihrem abgeschotteten Organisationssystem erzogen und kennen nur diese eine Seite.
Also kurz gesagt: Die Aufforderung, sich als Zeuge Jehovas gründlich mit der Art und Weise vertraut zu machen, wie andere Menschen denken, kann wohl nicht ernst gemeint sein.
Außerdem, ist es wirklich realistisch zu erwarten, dass der einfache Verkündiger sich mit den Problemen fremder Personen befassen kann? Der „normale“ Verkündiger hat selbst Probleme mit sich und seiner Familie. Der Rat, den er problembeladenen Menschen geben kann, lautet standardmäßig: „Die Lösung aller Probleme ist das Königreich Gottes.“
Zum Predigen verpflichtet?
Im Absatz 3 wird behauptet: „Wir alle sind zum Predigtdienst verpflichtet“, Zitat:
„ … wie der Apostel Paulus wissen wir, dass wir zum Predigen verpflichtetsind (1. Kor. 9:16). Doch wenn wir Mitgefühl haben, sehen wir den Dienst nicht einfach als Verpflichtung“.
Diese Behauptung will man mit 1. Kor. 9:16 belegen, wo wir lesen:
„Wenn ich nun die gute Botschaft bekannt mache, ist das kein Grund für mich zum Rühmen, denn eine Notwendigkeit ist mir auferlegt. Ja wehe mir, wenn ich die gute Botschaft nicht bekannt mache!“
Hier frage ich mich, mit welcher Berechtigung die WTG hier eine allgemeine Predigtdienstverpflichtung für alle Nachfolger Christi konstruiert? Paulus spricht eindeutig von seiner Notwendigkeit, seinen, von Jesus Christus persönlich auferlegen Auftrag zu erfüllen. Er wurde persönlich beauftragt, das Evangelium über den Christus allen Menschen zu verkünden, das war für ihn eine Notwendigkeit.
Es gibt in den gesamten Evangelien und Briefen, sowie in der Apostelgeschichte, keinen Beleg dafür, dass es eine Predigtdienst-Verpflichtung für alle gibt. Weiter wird gesagt: „Wir wollen beweisen, dass uns Menschen wichtig sind und dass wir ihnen gerne helfen.“ Was der Absatz nicht sagt: Wem wollen wir das beweisen? Jehova und Jesus? Oder den Ältesten unserer Versammlung? Oder gar der leitenden Körperschaft?
Wenn unser Predigtmotiv Liebe ist, müssen wir nichts beweisen. Unser Predigtdienst wäre bereits ein Beweis für die Liebe, die wir zu den Menschen und zu Jehova haben. Bitte beachte auch, dass in dem angeführten Text aus Apostelgeschichte 20:35 Paulus nicht nur über seinen „Predigtdienst“ sprach.
„Ich habe euch in allem gezeigt, dass ihr so durch harte Arbeit den Schwachen beistehen und im Sinn behalten sollt, was der Herr Jesus selbst gesagt hat: ‚Geben macht glücklicherals Empfangen’.“
Er bezog sich auf alle Opfer, die er im Namen Jesu der Gemeinde erbracht hatte. Wir finden keine Beweise dafür, dass die Anzahl der Stunden, die er predigte, aufgezeichnet wurden. Es gibt auch keine Erwähnung von Tabellen über Monatsdurchschnitte und diesbezügliche Ziele, die eingehalten werden mussten.
Im Abs. 6 wird die Frage: „Wieso empfand Jesus Mitleid oder Mitgefühl für diese Menschen“,wie folgt beantwortet:
„Er hatte beobachtet, dass die Menschen „wie Schafe ohne einen Hirten“ waren. Einige von ihnen waren arm mussten hart arbeiten, um für ihre Familie zu sorgen. Andere mussten mit dem Verlust eines lieben Menschen fertigwerden. Falls das so war, konnte Jesus ihre Situation wahrscheinlich verstehen. Jesus lagen andere am Herzen und er fühlte sich bewogen, ihnen eine Botschaft zu bringen, die sie tröstete“.
An dieser Stelle sollten wir über unsere Möglichkeiten nachdenken, auf welche Weise wir Menschen helfen könnten. Im Artikel werden vier Möglichkeitenangeführt:
1. individuelle Bedürfnisse berücksichtigen
2.uns in ihre Lebenssituation versetzen
3. geduldig sein mit den Menschen
4. nach praktischen Möglichkeiten suchen und Interesse und Rücksicht zeigen.
Zu Punkt 1 wird dann gesagt: „Beim Predigen sind wir in einer ähnlichen Lage wie ein Arzt“. Ein Arzt stellt Fragen und untersucht den Patienten, bevor er eine Behandlung beginnt. Doch ich versuche mir aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als „Verkündiger“ vorzustellen, wie ein Zeuge Jehovas diesem Anspruch gerecht werden kann. Der Rat im Absatz lautet:
„Wir sollten nicht versuchen, mit jedem, dem wir in unserem Dienst begegnen, denselben Ansatz zu verfolgen. Wir berücksichtigen vielmehr die besonderen Umstände und Sichtweisen jedes Einzelnen.“
Wow, was für ein Anspruch! Angesichts der Tatsache, dass die meisten Verkündiger selbst mit Problemen zu kämpfen haben und sich ihre Zeit für ihren Predigtdiensteinsatz irgendwie erkämpfen müssen, können wir kaum die berechtigte Erwartung haben, dass er sich auch noch mit den Problemen wildfremder Menschen befasst und für jedes Problem eine maßgeschneiderte Behandlung wie ein Arzt durchführen kann. Dass dieses Erfordernis niemand erfüllen kann, liegt auf der Hand, diese Erwartung kann man doch nicht ernst nehmen?
Und so folgt als Trost und Ermunterung für jedes Problem, welches die Menschen ansprechen immer derselbe Satz: „Gottes Königreich wird auch dein Problem lösen“. In wieweit solch eine allgemeine Äußerung jemanden, der krank ist, der einen geliebte Menschen durch den Tod verloren hat oder nicht weiß, wie er seine Familie ernähren soll, hilfreich sein mag, sei dahingestellt. Noch einmal: Die Aufforderung in diesem Artikel, die Lebensumstände und Sichtweisen jedes Einzelnen zu berücksichtigen ist lebensfremd und geht an der Wirklichkeit vorbei.
Betrachten wir, wie der „Predigtdienst“ eines Zeugen Jehovas praktisch abläuft. Aus meiner Erfahrung kann ich bestätigen, dass die meisten „Verkündiger“ kaum in der Lage sind, andere Standpunkte in Betracht zu ziehen, um sich möglicherweise dem Standpunkt anderer anzupassen, wenn die Situation dies erfordert. Jehovas Zeugen sind geschult worden, schnell für jede Situation und auf jede Frage eine Antwort zu geben, indem sie auf ihre Veröffentlichungen oder Videos verweisen. Informationen aus verschiedenen Quellen, die für die Person, mit der sie studieren, relevant wären, werden ignoriert. Man verwendet gewohnheitsmäßig lieber und ausschließlich die vorgeschriebene Literatur. Zeugen Jehovas würden niemals einen Standpunkt akzeptieren, der ihrer Literatur widerspricht. Soviel zum ersten Punkt, „individuelle Bedürfnisse berücksichtigen“. Kommen wir zum zweiten Punkt:
Versetze dich in die Lebenssituation des Wohnungsinhabers
Zitat Abs. 10, auszugsweise: „Das Leben heute kann ziemlich schwierig sein. Wir halten nur mit Jehovas Hilfe durch. Aber wie geht es denen, die sich ohne eine enge Freundschaft zu Jehova durchschlagen müssen? Wie Jesus haben wir Mitleid mit ihnen und fühlen uns gedrängt, ihnen eine „gute Botschaft von etwas Besserem“ zu bringen“.
Diese paar Sätze offenbaren die Einstellung, mit der Jehovas Zeugen ihren Mitmenschen wirklich gegenübertreten sollen. Jehovas Zeugen werden angehalten, ihre Mitmenschen von oben herab, als bemitleidenswerte Personen zu betrachten. Menschen, die ihr Leben ohne die Freundschaft zu Jehova bewältigen müssen, sind bedauernswerte Geschöpfe. Wie Jesus haben wir deshalb Mitleid mit ihnen und fühlen uns gedrängt, ihnen eine (Unsere) „gute Botschaft von etwas Besserem“ zu bringen. Wir haben, was sie brauchen. (Abs. 7)
Bemerkenswert ist hier, wie die „Gute Botschaft Christi“ auf die Bewältigung von Alltagsproblemen reduziert wird. Wir, Jehovas Zeugen, haben das bessere Lebenskonzept, so die Behauptung. Wirklich? Worin besteht die „gute Botschaft von etwas Besserem“, wie sie Jesus und die Apostel lehrten wirklich? Doch nur darin, dass der Mensch durch die Annahme und seinen Glauben an das Opfer Jesu von seiner Schuld befreit ist, dass er ohne Schuld vor Gott steht.
Doch diese Botschaft vermitteln Jehovas Zeugen ihren Mitmenschen in ihren Bibelstudien so gut wie nie. Ihre Botschaft lautet: Wenn du dich Jehova zuwendest, wirst du mit Jehovas Hilfe jetzt schon ein besseres Leben haben und zusätzlich die Hoffnung auf ein Leben im Paradies. Über die Bewältigung sogenannter Alltagsprobleme spricht Jesus zwar auch, aber sie spielen eine untergeordnete Rolle.
Was Jehovas Zeugen von einem Bibelschüler erwarten, wird in diesem Artikel an einem Beispiel eines Bruders mit Namen Sergei verdeutlicht. Dieser hatte Schwierigkeiten sich auszudrücken und lebte zurückgezogen. Er erzählt:
„Durch das Bibelstudium lernte ich, dass man als Christ die Verpflichtung hat, über seinen Glauben zu sprechen. Sergei dachte an das armselige Leben der Menschen ohne Jehova, und wie glücklich und zufrieden er durch die Wahrheit sei. Mit Sergeis Mitgefühl wuchs auch sein Mut, zu predigen“.
Die Quintessenz dieser „Erfahrung“ ist einfach: Wenn du dir vorstellst, wie armselig das Leben deiner Mitmenschen ohne Jehova ist, wirst du motiviert, deiner Verpflichtung nachzukommen um ihnen zu predigen.
Sei geduldig mit den Menschen
Zitat Abs. 12, zusammengefasst „Sei geduldig mit den Menschen, denn sie haben über biblische Lehren, die wir kennen, noch nie nachgedacht, sie hängen sehr an dem, was sie glauben. Hinzu kommt, dass sie ihre Religion als etwas wahrnehmen, was sie mit der Familie, der Kultur und dem sozialen Umfeld verbindet. Wie können wir ihnen helfen?
Nun, das ist ja mal wieder eine interessante Aussage. Übersetzt wird gesagt, die Menschen sind nicht so schnell bereit, ihre Religion zu wechseln, weil sie ihre Familie, Kultur und das soziale Umfeld nicht aufgeben wollen. Um dieses Problem zu verdeutlichen, wird das Beispiel eines Brückenbaus bemüht.
Eine baufällige Brücke kann erst ersetzt werden, wenn eine neue Brücke gebaut ist. Ähnlich sei es mit religiösen Überzeugungen, so die Aussage im Absatz. Bevor die Menschen ihre Glaubensansichten und Familien oder Freunde, kurz ihr gesamtes soziales Umfeld aufgeben, müssen wir ihnen helfen, „neue“ Brücken zu bauen.
Die hier gegebenen Ratschläge muss man ironischerweise auf die eigene Situation von Jehovas Zeugen und ihr Verhältnis zu ausgeschlossenen Verwandte und Freunde anwenden. Wenn es um ihre Glaubensüberzeugung geht, haben Jehovas Zeugen ein starkes Vertrauen in ihre „leitende Körperschaft“. Dies macht es ihnen schwer bis unmöglich, Lehren des „Sklaven“ abzulehnen oder aufzugeben oder gegen deren Anweisungen zu handeln.
In diesem Absatz wird indirekt behauptet, Angehörige anderer Religionen könnten Probleme mit ihren Freunden und Verwanden bekommen, wenn sie ihre Glaubensüberzeugungen aufgeben und sich Zeugen Jehovas zuwenden.
Doch die eigene Glaubensgemeinschaft aufzugeben, ist unter Zeugen Jehovas ein weit größeres Problem, als in anderen traditionellen christlichen Konfessionen. Die Lehren der leitenden Körperschaft aufzugeben, würde bedeuten, nicht nur die Familienbande zu zerstören, sondern auch das gesamte soziale Umfeld. Mir ist keine christlich geprägte Religionsgruppe bekannt, die so rigoros gegen Aussteiger vorgeht und so rigoros den Kontaktabbruch mit Aussteigern einfordert, wie Jehovas Zeugen. Daher mutet es schon seltsam an, wenn ausgerechnet die WTG ihre Verkündiger auffordert, Aussteigern aus anderen Religionen Verständnis in ihrer Situation entgegenzubringen, etwas was sie Aussteigern aus den eigenen Reihen verwehren.
Jeder, der bei Jehovas Zeugen die Lehren des Sklaven, der leitenden Körperschaft hinterfragt, ablehnt und offen kritisiert, ist ein Abtrünniger und muss auf Anweisung von oben gemieden werden, selbst wenn es sich um ein Familienmitglied handelt. Was für eine Heuchelei.
Suche nach praktischen Möglichkeiten der Hilfe
Ab Abs. 16 geht es um den 4. Punkt: Suchen wir nach praktischen Möglichkeiten, Interesse und Rücksicht zu zeigen.
Hierzu muss man eigentlich nicht viel sagen. Sinngemäß beschränken sich die angeführten Möglichkeiten auf das Schreiben eines tröstenden Briefes an trauernde Personen oder um Besorgungen, wenn alleinstehende kranke Menschen Hilfe brauchen. Diese Ratschläge sind so allgemein und selbstverständlich und werden tagtäglich von Menschen umgesetzt, ohne irgendwelche Hintergedanken, jemanden „zur Wahrheit“ bringen zu wollen. Wie bereits gesagt, wenn bei der so „liebevoll betreuten Person“ nach einer gewissen Zeit kein Fortschritt, im Sinne von Taufe und Hingabe in die Organisation zu beobachten ist, dann ist es vorbei mit der Hilfsbereitschaft.
Interessanter ist da der letzte Punkt, der angesprochen wird: „Die eigene Rolle richtig sehen“.
Die eigene Rolle richtig sehen
Die WTG drängt ihre Verkündiger in eine Rolle, die sie nicht erfüllen können und auch nicht erfüllen müssen. Durch das ständige Vergleichen mit der Person Jesu und seiner Tätigkeit werden Jehovas Zeugen auf eine elitäre Stufe gestellt. Trotz aller Enttäuschung über das eigene Versagen, welches nur mit einer Portion Heuchelei zu ertragen ist, fühlen sie sich ihren Mitmenschen gegenüber überlegen.
Dieses Gefühl der Überlegenheit, dieses elitäre Denken, wird von der WTG mit Aussagen, wie sie in diesem Artikel gemacht werden, bewusst gefördert. Als Beispiel Abs. 7 sinngemäß zusammengefasst:
„Wir haben, wie Jesus, was die Menschen brauchen – die Botschaft vom Königreich. Deshalb machen wir es wie Jesusund predigen die gute Botschaft, weil wir „Mitleid haben mit den Benachteiligten und den Armen“ (Ps. 72:13, NW, 2013). Wie Jesus fühlen wir mit den Menschen und möchten ihnen helfen.“
Wir, wir, wir! Wir sind – wie Jesus – die Auserwählten, die Bevorrechtigten, wir haben gute Hirten, wir haben, was die Menschen brauchen. Wie Jesus haben wir Mitleid mit den Menschen und können ihnen helfen. Kein Wunder, dass Jehovas Zeugen immun sind gegenüber jeglicher Selbstkritik, wenn sie mit dieser Art elitären Denkens Tag aus Tag ein bombardiert werden.
Und hier sieht der Sklave auch für sich eine Gefahr. Menschen mit einem derartig überzogenen Selbstbewusstsein sind für jede Organisation eine Gefahr. Deshalb muss, nach so viel Selbstbeweihräucherung, auch ermahnt werden, die eigene Rolle im Getriebe der Organisation richtig einzuordnen. Abs. 18 zusammengefasst:
„Ihr könnt zwar mithelfen, aber ihr spielt nicht die wichtigste Rolle. Jehova zieht die Menschen zu sich (und damit in seine Organisation). Auch Jesus hatte wenig Erfolg bei den Menschen obwohl er der größte Lehrer aller Zeiten war. Verliere nicht den Mut, wenn die meisten auf die Botschaft negativ reagieren. Zeigen wir Mitgefühl, das wirkt sich positiv auf unser Wohlbefinden.“
Interessant wie die WTG hier den Erfolg des Wirkens Jesu auf Zahlen reduziert. Das ist typisches WTG-Denken, welches auch in den Köpfen eines Zeugen Jehovas verankert ist. Zum Schluss sei noch bemerkt: Mitgefühl ist eine lobenswerte und edle menschliche Regung. Aber Mitgefühl aus einer Position der Überlegenheit und Berechnung heraus, entspricht nicht dem, was Jesus uns vorlebte. Von daher ist das ganze Gefasel von Mitgefühl und Einfühlungsvermögen wie es hier in diesem Artikel gebraucht wird, pure Heuchelei.
Hallo Bruder,
bzgl. deiner Aussage, dir sei keine keine christliche Religion bekannt, die so rigoros gegen Aussteiger inkl. der Forderung von Kontaktverbot (selbst in der eigenen Familie), stimme ich dir zu.
Es gibt allerdings eine Gruppe die es exakt genauso handhabt – Scientology.
Wobei das nicht die einzige Parallele zu dieser Gruppierung ist….
Liebe Freunde, danke für den Artikel. Ich möchte folgendes sagen: Zeugen Jehovas sind – von außen wahrgenommen – freundliche, hilfsbereite Menschen. So denkt man. Der Artikel macht einmal mehr folgendes deutlich: JZ sollen – so werden sie indoktriniert – alles mit Blick auf die Missionierung anderer Menschen tun. Bei ihrem Missionierungswerk werden sie nun trainiert, “Interesse an den Menschen” zu zeigen, um sie für ihre Religion zu gewinnen. Also: nicht Nächstenliebe üben, Interessen an den Menschen zeigen, sich gemeinnützig betätigen. Sondern: im “Predigtdienst” Interesse “zeigen” – ich möchte eher sagen: vortäuschen – um daraus ggf. Neubekehrte zu gewinnen. Wenn es… Weiterlesen »
Hallo Bruder, danke für die gute Aufklärungsarbeit. Sehr treffend formuliert: Reduktion Jesu Christ und pure Heuchelei. Wenn man wirklich verstehen will, woher diese heuchlerische Denkweise der WTG und woher dieses Denkmuster stammt, muss man den Gründer der Wachtturm-Gesellschaft und hochgradigen Freimaurer Charles Taze Russel im Sinn behalten. Russel hat die Denkweise der Freimaurer in seiner Organisation einprogrammiert. Es war glaube ich auch eine Selbstverständlichkeit für ihn. Die freimaurerische Motivation und Denkmuster wirft ein Licht, worauf sich das Konzept der Wachtturm-Gesellschaft beruht. In seinem Artikel ” Freimaurerisches Irrtum in die Wachtturmslehre eingebaut” schreibt Rüdiger Hentschel: Der zentrale kern der Freimaurer ist… Weiterlesen »
Guten Tag Bruder für die Aufarbeitung dieses Artikels. Normalerweise mag ich mich nicht mehr mit WT-Inhalten beschäftigen. Getreu dem Motto “Die Hoffnung stirbt zuletzt” hoffte ich wieder mal auf einen Kerzendocht der LK beim Artikel Jesus betreffend. Na ja, auch Hoffnung wird älter. Wer UNS freundlich zuhört nimmt Jesus auf? Dann muss derjenige aber vorher Jesus gefunden und behalten haben, mit dem Übertritt in die Organisation dann Jesus wie ein missratenes Kind oder pflegebedürftigen Senior in ein Heim geben, denn getauft wird schonmal nicht mehr in Jesus, teilhaben darf man auch nicht mehr an ihm. Was die Freundlichkeit betrifft: Ist… Weiterlesen »
Die Mitgefühls-Schwäche unter Jehovas Zeugen hat auch noch eine weitere Seite: Sie sind nicht bereit, praktiziertes Mitgefühl, das ihnen ehemalige Zeugen Jehovas entgegenbringen wollen, zuzulassen und anzunehmen. Also: Die Zeugen Jehovas sind meist kaum in der Lage (auch aufgrund des durch die JW.Org bis an die Grenze angefüllten Zeitplans) echtes Mitgefühl über einen längeren Zeitraum an Mitmenschen auszuleben, aber zusätzlich sind sie auch nicht willens, sich für aufrichtige mitfühlende Zuwendung von Ex-ZJ zu öffnen, die ja selbst die gleichen Erfahrungen in und mit der Organisation gemacht haben (siehe Definition oben im Artikel von “Mitgefühl”). Jehovas Zeugen haben wahrlich eine doppelte… Weiterlesen »
Guten Tag TT22, um etwas bewerten zu können ist eine objektive Messlatte erforderlich. Du schreibst „Was du mir als Arroganz ankreidest, empfinde ich als Liebe und Treue zum Herrn.“ Und dann von Grundwahrheiten, die immer wieder angegriffen werden. Liebe und Treue können auch Irrwege sein. Aus Liebe nur die eigene Meinung gelten zu lassen ist Praxis der WTG – und führte eindeutig zur Lüge, aufgebaut auf der eigenen religiösen Ansicht. Wenn Paulus davon spricht, dass wir nur stückweise erkennen, dann gilt das für alle und wir können nur in der Liebe wachsen, wenn wir unermüdlich biblische Gedanken abweiden wie die… Weiterlesen »
Liebe Fox.
Reinheit, um jeden Preis und Persilschein.
Warum nur erinnert mich das an was? War da nicht Feuer und Schwert, mit dem man die Liebe Gottes verbreitet hat?
Friede pit